Schaut man auf Guillermo del Toros Filmographie, findet sich thematisch auf den ersten Blick nicht wirklich ein roter Faden. Ich schätze viele seiner Filme sehr, aber welches Element diese letztendlich miteinander verbindet, hat für mich erst der aktuellste Film del Toros Crimson Peak perfekt in seiner Essenz zusammen gefasst. Dieser erscheint am 15. Oktober in den deutschen Kinos und verspricht, das Grusel- und Geisterhaus-Genre wieder zu seinen Wurzeln und alten Glanz zurück zu führen.
Anfang des 20. Jahrhunderts lebt die junge Edith Cushing zusammen mit ihrem vermögenden Vater, welcher in New York als hoch angesehener Bauunternehmer bekannt ist, und arbeitet leidenschaftlich an ihrer Karriere als Schriftstellerin. Schon als kleines Mädchen sah sie den Geist ihrer verstorbenen Mutter und lernte schnell, dass sie diese Gabe ein Leben lang begleiten wird. Fest haben sich die Worte der Verstorbenen in ihren Verstand gebrannt: "Hüte dich vor Crimson Peak!". Die eigenwillige und intelligente Frau trifft auf den verführerischen englischen Baron Thomas Sharp, welcher geschäftlich zu Besuch ist und fühlt sich direkt zu ihm hingezogen. Nachdem ihr Vater unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt, hält Edith nichts mehr in New York. Sie heiratet Thomas und zieht mit ihm und seiner kühlen Schwester Lucille auf das düstere Familienanwesen nach England.
Dort verfolgen sie schnell Visionen und darauf bald Geister verstorbener Frauen. Doch die wahre Gefahr ist reeller als jeder Geist.
Als sie dann erfährt, dass man diesen Ort, an dem sie der Schnee im Winter durch den roten Lehmboden rot verfärbt, Crimson Peak (“Purpurgipfel”) nennt, scheint es fast zu spät für Edith zu sein.
Greifen wir den angesprochenen roten Faden: Die Liebe zum Setting und das Farbenspiel, die starken Kontraste zwischen warmem Gelb-Gold und kühlen Farbtönen erinnert an Hellboy oder auch Pacific Rim und tauchen die Szenen in die märchenhafte Atmosphäre eines gotischen Englands. Edith ist abermals eine wirklich außergewöhnliche und starke Frau, welche über die Rolle der klassischen Horrorfilm-Helden und sich selber um Längen hinauswächst, wie auch beispielsweise die junge Protagonistin in Pan’s Labyrinth. In Crimson Peak spürt man in jeder Szene die Liebe zum Genre-Urgestein, zum Gänsehaut-Gruseln, zum Schaudern vor dem nächsten Blick durch den Türspalt.
Dennoch fährt eine handvoll wirklich saftiger, brutaler Szenen bis ins Mark (Wortspiel!) und Blut fließt absolut ausreichend. Hier sollte bei Kampfszenen vielleicht ein Auge zugedrückt werden, was Realismus angeht. Bei den Geistern wiederum spürt man die Vorliebe zu detaillierten Fantasiewesen und meines Erachtens fast ein wenig zu viel “Realismus”. Hier hätte dann und wann auch eine Andeutung oder ein huschender Schatten gereicht, die animierten Geister wirken manch einmal reichlich plakativ.
Und final: So sehr die Academy das auch ignorieren mag, so sehr fordere ich, dass dieser Film eine Oscar-Nominierung für das beste Kostümdesign erhält! Die wunderschönen Schnitte, Details, Farben und schweren Stoffe sind einfach unglaublich imposant und verleihen dem Film viel historische Authentizität. Ein Königreich für diese Roben!
Wer mit historischen Settings und düsteren Romanzen nicht recht was anfangen kann und eigentlich wackelnde Kameras und Gore-Porne mag, der wird von dem "Horror" in Crimson Peak enttäuscht werden. Wer aber schon (Johnny Depp in) Sleepy Hollow mochte und wie ich das klassische Spukschloss- und Grusel-Genre schmerzlich vermisst hat, wird mit einem wohligen Schauer und einem seufzenden Herzen das Kino verlassen. Manch einer wird kritisieren, dass die Handlung vorhersehbar und eindimensional ist. Wer sich jedoch die Wurzeln des Genres anschaut, der wird genau diese Elemente dort finden und hat einfach über die Jahrzente Filmhistorie vergessen, welche Geschichten im klassischen Horror stecken.